Kann die Druckwelle eines Autos Frösche töten?

Eine theoretischen Arbeit von Dietrich Hummel aus dem Jahre 2001 beschreibt mathematisch die Luftdruckveränderungen, die Autos auf Amphibien ausüben (Hummel 2001 [1]). Die Arbeit nimmt an, dass Amphibien, die nicht von den Reifen überrollt und zerquetscht werden, sich trotzdem verletzten können und einer schädlichen Druckwelle ausgesetzt werden. Diese Druckwelle bewegt sich mit der Geschwindigkeit des Autos selber und entsteht durch die Verdrängung der Luft. Es entsteht dabei ein Überdruck vor dem Auto und ein Unterdruck unter dem Auto. Wobei der Druckunterschied direkt proportional zur Fahrgeschwindigkeit im Quadrat ist. Bei tieferliegenden Autos ist der Effekt zudem noch stärker ausgeprägt. Insbesondere der Unterdruck kann zu inneren Verletzungen bei den Amphibien führen. Es wird angenommen, dass der Unterdruck zu Schäden an Lungen, ja sogar zu deren Platzen führen kann. Andere Organe, zum Bsp. die Zunge, können herausgedrückt werden. In einem Interview mit Nabu („Naturschutz heute“ 1. Ausgabe 2003) gab der Author Herr Dietrich Hummel an, dass bereits Geschwindigkeiten von 50 km/h überwiegend tödlich für die Amphibien sein sollen. Allerdings stimmt dies nicht mit anderen Erfahrungen und Beobachtungen überein. So können auch Amphibien mit höheren Geschwindigkeiten als 50 km/h überfahren werden ohne durch den Unterdruck gesundheitlich geschädigt zu sein.

Keine Todesopfer bei praktischen Untersuchungen an Aga-Kröten in Australien

Während einer Feldforschung 2016 an Reptilien in Nord-Queensland (Australien) überfuhren Forscher versehentlich tausende Aga-Kröten (Rhinella marina), ohne sie mit den Autoreifen zu treffen. Die Forscher konnten keine negativen Auswirkungen feststellen und wurden daher skeptisch gegenüber den Vorhersagen von Hummel (2001). Die Forscher entschlossen sich deshalb eine praktische Studie durchzuführen (Mayer et al. 2018 [2]). Mit einem Ford Falcon XR6 (Fronthöhe 15 cm, Heckhöhe 25 cm, tiefste Punkt 9 cm) fuhren sie mit vier verschiedenen Geschwindigkeiten: 50, 80, 100 und 110 km/h über die Kröten. Nachdem Überfahren der Kröten hielten die Forscher an und sammelten die Kröten ein. Die Kröten wurden über Nacht gefangen gehalten und es wurde dokumentiert ob sie am nächsten Tag noch lebten. Unter ingesamt 97 Kröten konnte kein Todesfall oder Verletzung dokumentiert werden, wobei 18 Kröten bei 50 km/h, 17 Kröten bei 80 km/h, 21 Kröten bei 100 km/h und 41 Kröten bei 110 km/h überfahren wurden (Mayer et al. 2018 [2]).

Fazit: Die Druckwelle eines Autos ist oftmals nicht tödlich für die Tiere. Ein Ausweichmanöver zum Wohle des Tieres kann durchaus auch bei höheren Geschwindigkeiten Sinn machen.


Quellenverzeichnis

[1] D. Hummel, 2001: Amphibienschutz durch Geschwindigkeitsbegrenzung – eine aerodynamische Studie. Natur und Landschaft. Volume 76, Issue Nr. 12 link

[2] M. Mayer, J. A. Lyons, R. Shine, D. Natusch, 2018: Air-pressure waves generated by vehicles do not imperil road-crossing amphibians. Salamandra February 2018 link